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Unglück am See


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Ein Gedicht über das große Unglück am Hallstätter See, das sich am 18. März 1822 ereignete.



Hallstädter See.

Erschienen 1838.


Des Hallstädter See's grün dunkle Flut

Gar düster zwischen den Bergen ruht.

Und der Sar- und der Krippenstein

Sie schauen so ernst in den See hinein.


Der Himmel ist blau. Ein Wölkchen allein

Sich hängt an den Grat vom Krippenstein.

Aus der Höh' ergießt sich Sonnenglut,

Kein Lüftchen hauchet über die Flut,


Aus der nicht eine Welle sich hebt.

Die Schwalbe nur knapp darüber schwebt.

Da horch! in Hallstadt Glockengeläut.

Sie kommen herüber viel Schiff', viel Leut,


Von Obertraun dort kommen sie her

Der Männer und Weiber wohl dreißig und mehr.

Sie bringen einen Todten im Schrein,

In Hallstadt soll er begraben sein.


Es war ein wackerer Bauersmann,

Dem man zu viel Ehr' nicht erweisen kann:

Die Kinder und Enkel, die Mägde und Knecht',

Die sämmtliche Freundschaft schlecht und recht.


Bei dem Hallstädter Kirchlein in's frische Grab

Sie legen ihn unter Gesängen hinab.

Nun kehren sie heim. Weh ihnen, weh!

Sie fahren dahin auf wogendem See.


Wo sind nun die Berge? die Sonne wo?

Die glückliche Schwalbe zum Nest entfloh.

Es tobt in der Tiefe, es braust in der Höh',

Das schwarze Gewölke hängt in den See.


Der Sturmwind auf und niederfegt,

Das Wetter hinein in die Fluten schlägt.

Die Schifflein schwanken und sinken geschwind,

Die Leichengeleiter nun Leichen sind.


Kein frommer Gesang umtönet ihr Grab,

Die schweigende Welle reißt sie hinab.




Gedichte

Löwenthal, Max, 1799-1872

Wien: Ueberreuter, 1871. -

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